Flinten

Es ist sicherlich gerechtfertigt die doppelläufige Flinte als die eleganteste Waffe unter den Jagd- und Sportwaffen zu bezeichnen. Aus ihnen sticht die Querflinte in der Variante mit Seitenschlossen und Demiblockläufen noch einmal hervor.  Sie wurde in England in den letzten 3 Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in zahlreicher technischer Raffinesse ausentwickelt. Selbstöffner Mechanismen, Schließspanner, der ''assisted selfopener'', die nahezu unzähligen Schloss- und Verriegelungsvarianten, ''pinless Sidelocks''  zeugen vom Erfindungsreichtum der englischen Flintenbaukunst ebenso wie die bekannten Namen Westley Richards, Greener, Purdey, Boss Holland&Holland, Churchill, Atkin, Steven Grant, Woodward und viele Weitere. Wollte man sie alle aufzählen, könnte man viele Seiten füllen. Der von ihnen geschaffene Variantenreichtum ist Legende und ein eigener Kosmos, der Beschäftigung für ein ganzes Leben bereithalten könnte. Auch die moderne Bockflinte, so wie wir sie heute kennen, hat ihren technischen Ursprung in England. Boss und später Woodward haben sie entwickelt. In den Bockflinten, die wir heute benutzen, beruhen immer noch auf von Boss und Woodward erdachten Konstruktionsprinzipien.

Ich bin meinem englischen Freund Lee Butler, der ein äußerst kenntnisreicher und versierter Flintenbauer ist, außerordentlich dankbar, dass er mir Gelegenheit gegeben hat, mich ein wenig in die Welt des englischen Flintenbaus hineinschnuppern zu lassen. In seiner Werksatt stehen immer wesentliche Exemplare der englischen Flintenbaukunst, und dort konnte ich in die Hand nehmen, was man sonst nur von Fotos – oder eben gar nicht kennt.

So lernte ich auch Exemplare kennen, die ich bisher überhaupt nicht kannte. Darunter manches Juwel. Daraus möchte ich hervorheben die sog. TwelveTwenty Doppelflinte nach dem Baker Patent von 1912. Eine leichte Seitenschloss Querflinte im Kaliber 12 auf einer Kaliber 20 Basküle. Kaum 3kg schwer, ein assisted selfopener, der leicht beim Schließen spannt und beim Zerlegen automatisch entspannt. Ein Traum Jagdgewehr, dass ich in einer Variante für die Stöberjagd besitze.

Eine ebenso wunderbare Konstruktion sind die sog. Droplock Flinten von Westley Richards. Entwickelt bereits in den 1880er Jahren - wohl zunächst als Doppelbüchse. Die Flinten haben an der Unterseite der Basküle einen Klappdeckel. Nach dessen Öffnen kann man die Anson Deeley Schlosse entnehmen und ggf. austauschen. Ein restauriertes Exemplar befindet sich ebenfalls in meinem Besitz.

Das Besondere der englischen Flinten für den Schützen beim Flintenschießen ist die fühlbar wunderbare Balance, die die Deuteigenschaft so verbessert. Die Erfahrung mit diesen Flinten begründet im Wesentlichen mein Beurteilungsvermögen darüber, wann sich auch eine moderne Flinte aus der heutigen industriellen Produktion gut anfühlt. Während meines Flintenschießunterrichts ist es mir wichtig dem Schüler dies mit meinen modernen Unterrichtsflinten, die allesamt aus Italien stammen, möglichst nahezubringen. Ich habe Sie so zusammengestellt, dass sie das englische Gen noch fühlen lassen.