Die richtige Anleitung ist die Basis eines jeden Sports. Ein Anfänger, der von Anfang an von einem guten Ausbilder unterwiesen wird, übernimmt den richtigen Bewegungsablauf und das richtige Verhalten von diesem ersten Moment an. Derjenige, der von einem schlechten Ausbilder unterrichtet wird, wird dessen Fehler übernehmen, die später nur schwer zu berichtigen sind.
Eine gute Unterweisung ist schwer zu erlangen, weil nicht flächendeckend vorhanden. Es gibt auf diesem Gebiet keine übergreifenden Strukturen zwischen Jagd und Sportschützenbund. Letzterer bietet jährlich (!) Jedermannkurse für die einzelnen Wurfscheibendisziplinen an. Kursort ist Wiesbaden.
Grundsätzlich ist ein Ausbilder jemand, der unterrichtet, informiert und Anweisungen gibt. Ein Schießausbilder muß mehr jedoch leisten. Er muß einen für den Anfänger neuen Bewegungsablauf einüben und dies in einer für den Neuling fremden, durch den Schußwaffengebrauch potentiell gefährlichen Umgebung. Er muß seinen Schüler in einen neuen Zustand der Geistesgegenwart versetzen. Das Training beinhaltet sowohl Theorie als auch Praxis.
Sie wissen bereits aus eigener Erfahrung auf anderen Gebieten, das es Menschen gibt, die gut vermitteln und unterrichten können und solche, die das weniger gut können. So können sich sogar gute Schützen als schlechte Lehrer erweisen, wenn sie ihre Fertigkeiten an Anfängerschützen weiterreichen sollen.
Stille Autorität
Der Ausbilder muß das Vertrauen und den Respekt seines Schülers vom ersten Moment an haben. Der Faktor, der beim ersten Treffen die richtige Lehrer/Schülerbeziehung begründet, ist schwer zu definieren. Also nennen wir ihn Autorität. Die Faktoren, die diese Autorität ausmachen, sind die folgenden:
• Es muß klar sein, wer der Schüler und wer der Ausbilder ist.
• Der Ausbilder sollte Selbstvertrauen ausstrahlen, welches der Schüler respektiert und akzeptiert. Die Fähigkeiten des Trainers sollten nicht vom Schüler in Frage gestellt werden. Weshalb es so wichtig ist, daß der Ausbilder auch tatsächlich was von seinem Job versteht. Denn der Schüler kann ja nicht anders, als sich dem Ausbilder auszuliefern.
• Dieses Selbstvertrauen des Ausbilders sollte auf Wissen beruhen, welches höflich und bescheiden vorgetragen wird. Überbetontes Selbstvertrauen - oder die leider oft zu beobachtende Arroganz - signalisiert Unsicherheit und ist schlechter als überhaupt kein Selbstvertrauen und demonstriert nur Unsicherheiten des Ausbilders.
• Trotz seiner Autorität muß der Ausbilder für den Schüler zugänglich und freundlich sein. In der Unterrichtssituation sind Lehrer und Schüler zu einer Schicksalsgemeinschaft verbunden. Ihr gemeinsames Schicksal (Ziel) ist der individuelle Erfolg des Schülers.
• Unterricht darf nicht aufgedrängt werden. Der Ausbilder muß warten, bis der Schüler mit der Bitte um Unterricht auf ihn zugeht. Personen, die den Schießstand aufsuchen und erfolglos schießen, sind nicht automatisch Schüler.
Kommunikation
Der Ausbilder muß seinem Schüler die notwendigen Inhalte übermitteln. Dazu gehört es sich mit Sicherheit nicht, seinen Schülern anfänglich seine eigenen Schießkünste zu demonstrieren. Aufgabe des Ausbilders ist es, Schießtechnik und Sicherheitsanforderungen zu vermitteln und einzuüben. Er muß die Fragen seiner Schüler verstehen, ihre Reaktionen, Schwierigkeiten. Zwei- Wege- Kommunikation ist sehr wichtig. Überheblichkeit des Ausbilders ist streng verboten. Schließlich muss er sich in die persönliche Situation des Schülers einfühlen und den Schüler mit dessen möglichen Blockaden auf einen "neuen Weg der Bewegung" führen. Ein von Überlegenheitsgefühlen getragener Ausbilder ist taub für eine so sensible Situation. Schießen mit der Flinte hat immer auch eine meditative Seite. Ohne diese Seite können eine permanent fehlerfreie Bewegung und Reaktion nicht erreicht werden. Ein guter Ausbilder sollte erkennen welchen "Status" ein Schüler hier mitbringt.
Der Ausbilder muß sich klar ausdrücken können. Er muß die richtigen Bewegungsabläufe und Verhaltensmuster demonstrieren, und die Aktionen des Schülers richtig analysieren und - wenn notwendig - korrigieren. Hat der Schüler die Unterweisung verstanden? Langsame Schüler dürfen nicht überfordert werden. Schnelle Lerner darf man nicht langweilen. Erfolge des Schülers sind zu loben. Sicherheitsverletzungen unverzüglich zu tadeln, dies jedoch ohne die Selbstachtung des Schülers zu zerstören. Überhaupt entspricht es eher der deutschen Mentalität zunächst zu sagen was falsch gemacht wurde, als das Richtige als Beispiel vorzugeben. Dagegen müssen wir als Ausbilder ankämpfen. Positives Tun ist immer besser als das Verächtlichmachen von Fehlern.
Professionalität
Um ausbilden zu können sollte de Ausbilder selbst ein passabler praktizierender Schütze sein. Er sollte dem Schüler durch professionelles Schießverhalten - wenn notwendig - auch ein Beispiel geben können.
Die erforderlichen Bewegungsabläufe muß der Ausbilder exakt und präzise unter Anwendung verschiedener Techniken mit jeder Art von Ausrüstung vormachen können. Nur ständige Übung im Schießen und Unterrichten wird den Ausbilder dazu befähigen.
Ein Ausbilder darf auch daneben schießen. (Überhaupt wäre der ganze Schießsport uninteressant, wenn es die Möglichkeit des Vorbeischießens nicht gäbe) Dennoch - ein gesundes Fundament von Theorie und Praxis des Flintenschießens, unterlegt durch eigene laufende praktische Erfahrung, dem Wissen um die Bewegungslehre ist genauso unabdingbar wie das Beherrschen der Sicherheitsbestimmungen.
Der Ausbilder sollte in der Lage sein, akkurate und zufriedenstellende Antworten zu den Fragen seiner Schüler über den Flintensport zu geben. Dabei sind korrekte Antworten kein Sprücheklopfen, sondern sie müssen auf konkretem Wissen beruhen. Über allem steht ein Ausbildungskonzept - also die konkrete Vorstellung darüber, wie einem Schüler geholfen wird, in den notwendingen Bewegungsablauf zu finden und wie einem Schüler eine Waffe richtig angepasst wird.
Der Ausbilder sollte zu der gesamten Thematik belesen und über die gängigen Techniken und Theorien auf dem Laufenden sein. Dies betrifft auch die Ausrüstung an sich. Die gängigen für den Sport geeigneten Flinten, Hilfsmittel und übrigen Ausrüstungsgegenstände der wichtigsten Hersteller müssen ihm bekannt sein.
Der Ausbilder muß seinem Schüler die richtige (= individuell geeignete) Ausrüstung - nach dessen Möglichkeiten - aussuchen können und in der Lage sein, vorhandene Ausrüstung in einem gewissen Rahmen anzupassen. Ein Ausbilder, der es nicht erkennt, wenn seinem Schüler die mitgebrachte Waffe z. B. nicht paßt und es nicht schafft, gewisse Änderungen am Schießstand wenigstens provisorisch vorzunehmen, arbeitet nicht zufriedenstellend.
Der Ausbilder sollte seinen Schülern betreffend Auswahl und Pflege seiner Ausrüstung ein Beispiel geben. Seine Ausrüstung sollte in gutem Zustand sein und gut gewartet werden. Sein allgemeines Sicherheitverhalten und sein Verhalten am Schießstand müssen außer Beanstandung sein.
Schließlich ist ein Ausbilder nur dann wirklich professionell, wenn er seinem Schüler was beibringt. Wer es nicht schafft, 95% der Schüler an einem Tag erfolgreich auf die Anforderungen z. B. einer Jägerprüfung vorzubereiten, arbeitet nich effizient genug und verfügt kaum über ein wirksames Ausbildungskonzept.
Geduld, Sorge und Begeisterung
Es sind diese drei persönlichen Qualitäten, die nicht immer leicht durchzuhalten sind:
➊ Geduld. Es ist nicht richtig, mit langsamen Schülern ungeduldig zu werden. Diese werden sehr oft am Ende die besseren Schützen.
➋ Sorge. Die Schwierigkeiten und Gefühle des Schülers müssen beachtet werden. Jedes Problem sollte aus der Sicht des Schülers betrachtet werden.
➌ Der Ausbilder muß Begeisterung ausstrahlen. Begeisterung für den Flintensport und für seinen Unterricht. Er sollte Interesse am Fortschritt seiner Schüler zeigen und Erfahrungen teilen.
Der geduldige Ausbilder holt seinen Schüler dort ab, wo dieser steht und führt ihn im Rahmen von dessen Möglichkeiten zum Erfolg. Insoweit gibt es keine unbegabten oder gar dumme Schüler. Das Wissen des Ausbilders ermöglicht dem Schüler den Fortschritt - nicht das Wissen des Schülers selbst. Andernfalls würde der Schüler keinen Ausbilder benötigen.
Gewiss nicht ist ein Ausbilder dass, was zu oft auf deutschen Schießständen leider anzutreffen ist: ein Chauvinist in grünen Hosen, der den Schießstand - um es mit Tucholsky zu sagen - als "Herbarium des deutschen Mannes" begreift, in der Substanz aber leider nur ein bloßer Phrasendrescher bleibt.
Schlußbetrachtung
Die vorstehenden Bemerkungen beschreiben einen idealen Ausbilder. Jeder, der alle diese Eigenschaften perfekt besitzt, wäre sicherlich übermenschlich. Dennoch halte ich eine Zielformulierung dieser Art im Interesse eines Fortschritts in der Ausbildungsqualität für unerläßlich. Ziel des Unterrichts ist ein schneller Erfolg und keine permanente Frustration. Der Schüler muß aufgrund des erhaltenen Unterrichts in der Lage sein, selbst mit Erfolg und unter Beachtung der erforderlichen Sicherheitsbestimmungen zu üben - also Unterrichtsinhalte selbst anzuwenden. Und gelten für einen Schießausbilder die gleichen Eigenschaftsanforderungen wie für einen Schullehrer: Er muss streng, gerecht und professionell freundlich sein.
In Deutschland ist übrigens jeder Schütze Ausbilder aus Berufung, weil jeder immer gleich glaubt, er habe anderen "unaufdringlich" etwas mitzuteilen. Und erst in seiner Person sei die Kunst des Schießens so richtig zur Blüte gekommen. In den meisten Fällen entpuppt sich das jedoch als Luftnummer - Neulinge des Flintensports sollten das wissen und sich lieber gleich ein dickes Fell anlegen, weil die von allen Seiten kommenden und wohlgemeinenden Tipps sonst für Verwirrung sorgen. Auf jedem Schießstand gibt es Lokalmatadoren - manchmal sogar mit einer applaudierenen Fangemeinde - für die Wörter "Zurückhaltung" und "Bescheidenheit" höchstens in einem Fremdwörterlexikon vorkommen. Auch von diesen Zeitgenossen jedoch kann der Anfänger - jedenfalls hinsichtlich seiner Flintenschießkünste - wenig lernen.
.Andererseits: Auch wer als Trainer etwas richtig macht, braucht sich um Feinde nicht zu sorgen.